Strategie / Oberleitung

Der Verwaltungsrat ist verantwortlich für die Oberleitung der Unternehmung. Das OR gibt keine nähere Auskunft zur Bedeutung dieses Begriffes. Im üblichen Sprachgebrauch wird Oberleitung mit dem Festlegen der Strategie im Unternehmen gleichgesetzt.

Definition und Hintergrund

Synonym verwendete Begriffe:
Oberleitung, Strategische Führung Die Oberleitung ist die erste Aufgabe des Verwaltungsrates gemäss OR 716a des Schweizerischen Obligationenrechts. Aus der gesetzlichen Vorgabe, punktuellen Vorschriften, Best Practices, Gerichtsfällen und Gewohnheiten hat sich in etwa folgende Praxis herausgeformt:

Oberleitung der Gesellschaft

bedeutet Oberleitung als zentrale Aufgabe des Verwaltungsrates bedeutet Festlegung der strategischen Ziele (was verkaufen wir welchen Kunden wo zu welchem Preis - und welche Mittel zu welchen Kosten brauchen wir dazu?). Dazu sind für die Geschäftsleitung die notwendigen Weisungen als Leitlinien (WAS), jedoch nicht als konkrete Handlungsanweisungen (WIE) zu formulieren. Entsprechende Kontrollmechanismen (Kennzahlen, Zielvorgaben, Meilensteine etc.) ermöglichen eine regelmässige Überprüfung der Zielerreichung.

Strategieentwicklung

Einordnung Strategiebegriff

Die Begriffe Oberleitung und Strategie leiden wie viele der Berater-Hypeworte unter deren Abstraktheit und bieten sich deshalb an für Unverbindlichkeit und 'heisse Luft' im Verwaltungsrat. Nimmt man jedoch die gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben und Begriffe ernst, lässt sich die Strategie für das Unternehmen mit Hilfe eines strukturierten Prozesses sehr konkret herleiten, detaillieren und zum Nutzen der Unternehmung einsetzen.

Herleitung der Strategie

Der erste Schritt der Strategieerstellung besteht sinnvollerweise aus einer Analyse der eigenen Situation - sowohl aus interner wie aus externer Marktsicht. Darauf basieren die künftige Positionierung im Markt (z.B. Kostenführer) wie auch die Strukturierung des eigenen Business Modelles (Produkte, Kunden, Lieferanten, Strukturen, Prozesse, Produktionsmittel). Die Schliessung der Lücke zwischen aktueller und gewünschter Situation schlägt sich im entsprechenden strategischen Plan (Massnahmen) nieder. Der zweite wichtige Schritt neben der Formulierung der Strategie (und vielfach auch die Ursache für deren Misslingen) ist die Verankerung in den Prozessen und Köpfen sowie der Kommunikation und natürlich Messung derselben.

Grundsätzliche Typen von Strategien (Positionierung)

Es gibt diverse Modelle zur strategischen Positionierung des Unternehmens, beispielsweise die Grundstrategien von Porter (Kostenführerschaft, Differenzierung, Segmentierung) oder die Ansoff-Matrix (Marktdurchdringung, -entwicklung, Diversifikation, Produktentwicklung). Ein einfach anwendbares Strategiemodell zeichneten Treacy and Wiersema mit ihren drei zu definierenden Achsen ('Value Disciplines'): Sind vom VR Ausmass und Umsetzungsvariante pro Dimension für das Unternehmen klar formuliert, kann sich der CEO voll auf die Umsetzung konzentrieren.

Strategie als zentrales Element der Oberleitung

"Besser eine Strategie, welche sich dauernd verändert, als gar keine Strategie." Mit Hilfe dieses klassischen Strategieprozesses kann der Verwaltungsrat die Vorgaben von OR 716a bezüglich Oberleitung sicherstellen. Ziele und Mittel werden formuliert, Weisungen und Messung sind die Elemente zur Verankerung der Strategie im Unternehmen. Auch punktuell auftretende Entscheide bezüglich Investitionen und Übernahmen (M&A) können so auf der Basis der strategischen Ausrichtung gefällt werden. Dabei geht es weniger darum, den langfristigen Plan in jedem Detail auszuformulieren, als vielmehr im Dialog zwischen Aktionären, Verwaltungsrat und Geschäftsleitung die Eckpunkte des Unternehmens festzulegen.

Strategie Umsetzungshilfen

In der Literatur und im Internet finden sich unzählige Vorlagen und Tools zur Formulierung von Strategien. Im folgenden haben wir einige nützliche und einfach anwendbare Instrumente zusammengestellt:

• SWOT Analyse, SWOT Muster Vorlage Instrument zur Entwicklung und Diskussion der internen und externen Situation des Unternehmens (Stärken, Schwächen, Chancen, Risiken);
• Portfolio Analyse, Instrument zur Darstellung und Diskussion der IST / SOLL Situation der Geschäftsfelder des Unternehmens (auch bekannt als McKinsey Matrix, BCG Matrix Muster);
• Business Model Canvas, Instrument zur Entwicklung und Darstellung des eigenen Business Modells (Canvas von Osterwalder, Pigneur 2011);
• Balanced Scorecards und Strategische Landkarte, konzeptionell gute Instrumente zur Entwicklung und Messung von (interdependenten) strategischen Zielen im Unternehmen.

Weisungspflicht und Kontrolle

Braucht das Unternehmen eine schriftliche Strategie? Weisungen durch den Verwaltungsrat können sowohl mündlich wie in schriftlicher Form erfolgen. Juristen empfehlen jedoch überall da Schriftlichkeit, wo potentiell Schadenersatzklagen lauern. Bezüglich Oberleitung und Strategie geht es darum, neben den organisatorischen Reglementen auch die langfristigen Ziele der Unternehmung (Art, Umfang, örtliche Geltung etc.) für die Geschäftsleitung zu konkretisieren und festzulegen. Schriftlich heisst somit auch hier verbindlich und zudem überprüf-, respektive messbar.

Markt

Zum Thema Oberleitung und Strategieformulierung sind kaum Interna von Unternehmen frei zugänglich. Zudem eignet sich dieses Thema nur schlecht für statistische Zusammenhänge. Sichtbar wird die vom Verwaltungsrat verabschiedete Strategie mindestens kursorisch auf den jeweiligen Webseiten. Dazu einige nicht repräsentative Beispiele:

Sämtliche Informationen bezüglich Oberleitung / Strategie stammen aus publizierten Statuten, Organisationsreglementen und Geschäftsberichten der jeweiligen Unternehmungen.

Diskussions- und Knackpunkte rund ums Thema

• Immer noch oft diskutiert wird die Frage, ob in der Praxis nicht eher die Geschäftsleitung anstelle des Verwaltungsrates die Strategie des Unternehmens erstellt. Obwohl die Antwort immer dieselbe ist: Der VR kann die Ausführung seiner Aufgaben delegieren, er trägt jedoch die Verantwortung für Inhalt und Überwachung.
• Kann das Fehlen einer schriftlich formulierten Strategie zu Verantwortlichkeitsklagen führen? Das Gesetz schreibt nicht explizit vor, dass Strategien in schriftlicher Form bestehen müssen. Bei Delegation der Geschäftsführung ist jedoch im Rahmen der an die Leitungsorgane zu erteilenden Weisungen Schriftlichkeit sicher ein Teil der sinnvollen Führungskultur und Haftungsprävention.

Weiterführende Literatur und Links

Speziell auf VR ausgerichtete Literatur zur Oberleitung als Aufgabe (Festlegung der strategischen Ausrichtung und die Ausgestaltung des Unternehmens) gibt es wenig. Etwas älter, aber als einführende Übersicht Meyer (1998). Interessant zur strategischen Aufgabe ist Stolz (2002). Allgemein zur Formulierung einer Strategie empfehlenswert Wüthrich (2004).